Am 14. Mai 2014 hat Doris Schröder-Köpf eine Rede, im Rahmen der "Aktuellen Stunde" im Niedersächsischen Landtag, gehalten.
Das Thema war "Niedersachsens Beziehungen zur Türkei ausbauen".


Rede von Doris Schröder-Köpf MdL
zum TOP 3c) Aktuelle Stunde „Niedersachsens Beziehungen zur Türkei ausbauen“
gehalten in der Plenarsitzung vom 14. Mai 2014 im Niedersächsischen Landtag.


- Es gilt das gesprochene Wort -


Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen!

Das Thema in dieser „Aktuellen Stunde“ lautet, wie eben gehört: „Niedersachsens Beziehungen zur Türkei ausbauen“ und ich finde, am heutigen Tag kann man das nicht tun, ohne der türkischen Bevölkerung unser Mitgefühl auszusprechen. Mehr als 200 Todesopfer hat das schwere Grubenunglück in einer Zeche bei Soma bisher gefordert. Und es steht zu befürchten, dass noch weit mehr Todesopfer zu beklagen sind. Ich hoffe, ich darf für alle Kolleginnen und Kollegen dieses Hauses unsere Anteilnahme ausdrücken, und bitte Sie, Herr Generalkonsul Günay, diese zu überbringen.


Sehr geehrte Damen und Herren,

vor mehr als 50 Jahren begann die Bundesrepublik mit der gezielten Anwerbung türkischer Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter.
Viele Menschen, die als Gastarbeiter kamen, schlugen hier Wurzeln: In Niedersachsen leben etwa 200 000 Menschen mit türkischem Hintergrund. Davon besitzen mehr als 100 000 die deutsche Staatsbürgerschaft. Hunderttausende Rückkehrerinnen und Rückkehrer haben Erinnerungen an unser Bundesland mitgenommen.

Die Zahlen machen deutlich: Niedersachsen und die Türkei sind schon durch die Menschen in beiden Ländern untrennbar und in einzigartiger Weise miteinander verbunden.

Auf der Delegationsreise mit Ministerpräsident Stephan Weil in die Türkei habe ich die tiefe freundschaftliche Verbundenheit erneut erfahren dürfen. Wir Niedersachsen sind gern gesehene Gäste in der Türkei, die Offenheit und das Interesse an unserem Land haben nicht nur mich nachhaltig beeindruckt.


Sehr geehrte Damen und Herren,

Stephan Weil ist der erste niedersächsische Ministerpräsident, der in die Türkei gereist ist, um die Zusammenarbeit zwischen den Ländern in dieser Weise zu intensivieren. Eine besondere Geste und Ehre war darüber hinaus, dass Sie, Herr Landtagspräsident Busemann, den Ankara-Teil der Reise wahrgenommen haben.

Der zweiten Station, Konya, kam bei der Reise eine besondere Bedeutung zu: Die flächenmäßig größte Provinz der Türkei, gelegen in Zentralanatolien, soll Partnerregion unseres Landes werden.

Zwischen Niedersachsen und Konya gibt es bereits zahlreiche wirtschaftliche und gesellschaftliche Kontakte. Diesen Austausch gilt es weiter auszubauen und zu stärken. Dazu unterzeichneten Gouverneur Muammer Erol und der Ministerpräsident in feierlichem Rahmen eine entsprechende Absichtserklärung.

Niedersachsen und Konya werden Hochschul-Kooperationen ausbauen, Schulpartnerschaften anregen, den Austausch von Studierenden und Auszubildenden fördern, Begegnungen auf sportlicher Ebene etwa im Fußball unterstützen.

Ein Partnerschaftsvertrag ist das richtige Instrument, um die bestehenden und außergewöhnlich zahlreichen menschlichen Verbindungen in eine politische Form zu gießen und ihnen damit Beständigkeit zu verleihen.

Liebe Bürgerinnen und Bürger aus der Provinz Konya: Wir freuen uns auf Sie, auf euch!


Sehr geehrte Damen und Herren,

die Gastfreundschaft in Konya und das Interesse an unserem Bundesland ist überwältigend.
Der deutsche Botschafter in der Türkei, Eberhard Pohl, nennt die Provinzhauptstadt Konya das „anatolische Hannover“. Ein Vergleich, dem man als Hannoveranerin nicht widersprechen mag, wenn man die gepflegte grüne Stadt mit den vielen Radwegen sieht.
Die Provinz Konya verfügt über eine bedeutende Automobilindustrie, ist Zentrum der Lebensmittelproduktion und wird Kornkammer der Türkei genannt. Auch hier Parallelen.

Identifikationsfigur in Konya ist der Mystiker Rumi, genannt Mevlana, Begründer des Mevlevi-Ordens. Sein Credo, Toleranz und universelle Liebe zwischen den Menschen, ist keine schlechte Grundlage auch für eine weltliche Partnerschaft, wie ich finde!


Sehr geehrte Damen und Herren,

offene Worte in bewährter niedersächsischer Klarheit können ebenfalls Beziehungen stärken. Ministerpräsident Stephan Weil hat die sechstägige Reise genutzt, um die bekannten politischen Felder anzusprechen, auf denen sich viele Menschen in Deutschland, der Türkei und Europa Verbesserungen wünschen.

In seiner beeindruckenden und viel gelobten Rede vor Studentinnen und Studenten der Istanbuler Kültür Universität sprach der Ministerpräsident und amtierende Bundesratspräsident über Demokratie und Rechtsstaat, die zentralen Werte unseres Grundgesetzes, über Gewaltentrennung und das Prinzip des Föderalismus. Er hat die besondere Bedeutung von Meinungs- und Pressefreiheit sowie einer unabhängigen Justiz herausgestellt.

Europa ist eben nicht nur ein Wirtschaftsraum, sondern auch eine Wertegemeinschaft!


Sehr geehrte Damen und Herren,

die Delegationsteilnehmer waren sich einig, dass der Ministerpräsident durch seine verbindliche und vermittelnde Art viele Türen geöffnet hat, und zwar nicht nur für die Wirtschaft!

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,

ich konnte als Zuhörerin im Publikum Ihre Rede an der Istanbuler Kültür Universität miterleben und möchte Ihnen sagen: Ihre Begeisterung für unser Grundgesetz hat das Auditorium gespürt und Ihr Werben für die darin festgeschriebenen unteilbaren Werte sind beim akademischen Publikum sehr gut angekommen!

Nach dem früheren Bundeskanzler Gerhard Schröder und dem ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff gehören Sie als amtierender Bundesratspräsident damit zum Kreis derjenigen Niedersachsen, die ihre Amtszeit dazu nutzen, die freundschaftlichen Beziehungen zur Türkei zu fördern und zu vertiefen.

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, dafür sind Ihnen nicht nur die Niedersachsen mit türkischen Pässen oder Wurzeln dankbar!


Sehr geehrte Damen und Herren,

die Reise des Ministerpräsidenten hat die niedersächsisch-türkischen Beziehungen gestärkt.
Interesse und Erwartungen von beiden Seiten sind sehr groß.
Staatspräsident Gül hat sich im Gespräch mit dem Ministerpräsidenten zuversichtlich gezeigt, dass sich die Türkei auch in Fragen von Demokratie und Rechtsstaat weiterentwickeln werde. Wir sollten ihn beim Wort nehmen! Der EU-Beitrittsprozess ist dafür der richtige Rahmen.


Sehr geehrte Damen und Herren,

meine Rede möchte ich mit einem Zitat des Mystikers Rumi, beschließen:

„Nicht diejenigen, welche die gleiche Sprache sprechen, verstehen einander, sondern diejenigen, die das gleiche Gefühl teilen.“

Ich bin davon überzeugt, dass sich diese Verbundenheit mit den Menschen aus der neuen Partnerregion Konya einstellen wird.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!


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