Interview mit den Beschäftigten, die ihren Arbeitsplatz verloren haben.

Nach der Schließung der Druckerei in Hannover-Kirchrode setzt die Leitung des Madsack-Medienkonzerns seine Rationalisierungsmaßnahmen fort. Zum Ende des Jahres wird der Druckvorstufenbetrieb für die Hannoversche Allgemeine Zeitung und die Neue Presse eingestellt. Die Leidtragenden sind die 18 Setzerinnen und Setzer, deren Dienste seit Montag, dem 14. Dezember, nicht mehr benötigt werden. Sie sind fortan arbeitslos.

Im Interview kommen sie zu Wort und schildern ihre Sicht der Dinge.

Hinweis: Auf die Namensnennung einzelner Beschäftigter wird hier bewusst verzichtet. Die Antworten sind unter den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern abgestimmt worden.

Wie haben Sie von der Schließung der Typomedien.de GmbH erfahren?
Am Montag, den 19. Oktober 2015, hat der Geschäftsführer René Gräf gegen 15 Uhr die noch anwesenden ca. 12 KollegInnen (ohne vorher den Betriebsrat zu konsultieren) zusammengerufen
und uns lapidar mitgeteilt, dass zeitgleich alle Satzaufträge der Verlagsgesellschaft Madsack mit den
zum Verlag gehörenden Zeitungstiteln gekündigt worden seien. Somit sei die Geschäftsgrundlage
der Firma Typomedien.de GmbH entzogen und die Firma solle zum Ende des Jahres geschlossen werden.

Wie ist es aus Ihrer Sicht dazu gekommen?
Es war aus unserer Sicht schon seit Gründung der Firma Typomedien.de von langer Hand geplant, dass diese Firma nach Ablauf unserer vierjährigen Kündigungsschutzfrist, die wohlgemerkt nur für
die ehemaligen Madsack-MitarbeiterInnen gegolten hat, die noch tariflich bezahlt werden mussten,
geschlossen werden sollte. Typomedien.de ist eine 100-prozentige Tochter des Extra-Verlages, an dem
wiederum Madsack mit nur 24,9 % minderheitsbeteiligt war. Mögliche Aufträge (bspw. Deister-
Weser-Zeitung in Hameln und Göttinger Tageblatt nebst den dazugehörigen Wochenblättern) wurden
abgelehnt!

Welche Gründe wurden Ihnen gegenüber angeführt?
Es gäbe ein günstigeres Angebot eines anderen Satzdienstleisters, bei dem Typomedien.de nicht mithalten könnte, so die Verlautbarung. Man muss dabei aber berücksichtigen, dass diese Firma einen
Gewinnabführungsvertrag mit den Anteilseignern hatte. Die jährlichen Gewinne in Höhe eines sechsstelligen Betrages wurden also jedes Jahr entzogen und an die Anteilseigner ausgeschüttet.

Inwiefern sind Sie als Mitarbeiter bzw. Betriebsrat eingebunden worden?
Der Betriebsrat ist offiziell erst zwei Wochen nach der Ankündigung überhaupt informiert worden!
Mögliche Kostensenkungsvorschläge des BR wurden ohne Diskussion abgelehnt. Es war offenkundig,
dass hier keine wirtschaftlichen Gründe im Vordergrund standen, sondern es hier einzig und allein ums Prinzip ging, nämlich die „alten“ Madsack-Mitarbeiter auf eine elegante und billige Art loszuwerden.

Es ging alles sehr schnell. Schon seit Anfang Dezember wird der Satzauftrag an einen anderen Dienstleister vergeben. Was bedeutet all das für Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen – persönlich wie beruflich?
Die meisten KollegInnen sind zwischen 50 und 60 Jahren alt. Dementsprechend kann sich jeder ausrechnen, wie schlecht die berufliche Zukunft für uns aussieht. Eine veraltete berufliche Qualifikation
führt uns hier in eine abzusehende Armut.

Was sieht der vereinbarte Sozialplan genau vor? Inwiefern wurden Ihre Interessen berücksichtigt?
Der Sozialplan bezieht sich grundsätzlich auf die gemäß § 1a des Kündigungsschutzgesetzes verbriefte Abfindungshöhe, basierend auf einen Verrechnungsfaktor gekoppelt mit den Jahren der Betriebszugehörigkeit. Wäre die Firma eine 100-prozentige Tochter der Madsack-Mediengruppe, wäre die Höhe der Abfindung deutlich besser für uns ausgefallen. Im Zuge der Sozialplanverhandlung wurde eine Transferagentur vereinbart.

Wie Sie schon erwähnten, ist der Gesellschafter der Typomedien GmbH der EXTRA-Verlag, an der wiederum die Verlagsgesellschaft Madsack minderheitsbeteiligt ist. Inwiefern sehen Sie die Konzernleitung für Ihren Arbeitsplatzverlust in der Verantwortung?
Zu 100 Prozent! Der Auftraggeber für Typomedien.de GmbH ist ausschließlich die Madsack-Mediengruppe gewesen. Typomedien.de sollte für einen Großteil des Anzeigensatzes der verschiedenen Verlage tätig sein. Mit der Auftragsvergabe stand und fiel die Typomedien.de GmbH. Hauptgrund der Ausgliederung ist hier einzig und allein Tarifflucht. Man hat uns nach der vereinbarten Schutzfrist von vier Jahren (nur für die ehemaligen Madsack-MitarbeiterInnen!) eiskalt abserviert.

Was erwarten Sie von der Politik?
Die Politik setzt die gesetzlichen Eckpunkte. Es ist scheinbar gewollt, dass Firmen sich der Verantwortung durch juristische Winkelzüge entziehen können. Wir erwarten zumindest einen kritischen und öffentlichen Umgang mit der Geschäftsführung der Verlagsgesellschaft Madsack.

Das Interview, das Sie unten im Pdf-Format herunterladen können, führte Dr. Roland Hiemann aus dem Wahlkreisbüro von Doris Schröder-Köpf MdL. Erschienen ist es in der Dezember-Ausgabe 2015 der Wahlkreis24Info.