Zahlreiche interessante Fragen, kritische Anmerkungen und eine sehr beeindruckende Debattenkultur bestimmten den Abend. Unser niedersächsischer Innenminister, Boris Pistorius, hatte sich viel Zeit genommen, um mit Mitgliedern der SPD und weiteren Gästen über den Entwurf des neuen Niedersächsischen Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes, kurz „NPOG“ zu diskutieren.

Boris Pistorius legte in seinem Eingangsstatement die Entstehung des NPOG, einschließlich der Vorgeschichte unter der rot-grünen Landesregierung bis 2017 dar und ging dabei auch auf wesentliche Kritikpunkte am aktuellen NPOG-Entwurf ein. Schwerpunkte waren dabei der Aspekt der Präventivhaft (den sog. Unterbindungsgewahrsam) und die erweiterten Möglichkeiten zur Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ).

Einige anwesende Mitglieder sprachen in der sachlichen und kompetent geführten Diskussion genau diese beiden Punkte an. Gerade im Hinblick auf die Dauer der Präventivhaft, konnten dabei Unklarheiten aus dem Weg geräumt und die Beschränkungen und Hürden klärt und herausgestellt werden.

So stellte der Innenminister klar, dass eine solche Präventivhaft für Fälle, in denen Anhaltspunkte für die bevorstehende Begehung einer terroristischem Straftat vorliegen, notwendig sein könne, um eine daraus resultierende Gefahr abzuwenden. Eine Haftdauer von bis zu 74 Tagen (Bis zu zweimal 30 und einmal 14 Tage - jeweils mit Richtervorbehalt) begegne dabei durchaus ernstzunehmenden Bedenken in der Öffentlichkeit. Diese Zahl „74“ sei ein Kompromiss gewesen in den Koalitionsverhandlungen mit der CDU, die 18 Monate Präventivhaft gefordert hatte. Der Minister. „Ich wäre auch mit deutlich weniger Tagen einverstanden gewesen“.

Dass eine Anpassung des Polizeirechts an moderne Herausforderungen absolut sinnvoll und auch notwendig ist, war für alle Anwesenden verständlich. „Insbesondere vor dem Hintergrund der sich auch durch die Digitalisierung und Phänomene wie den islamistischen Terrorismus veränderten Sicherheitslage brauchen wir ein daran angepasstes, modernes Polizeigesetz“, stellte Pistorius klar.

Gefordert wurde aus dem Plenum zudem, die personelle Ausstattung von Polizei und Gerichten zügig zu verbessern. Die hierzu bereits unternommenen Schritte in den letzten Jahren seien sehr zu begrüßen und setzen die richtigen Zeichen. Minister Pistorius betonte, dass in den letzten Jahren, vor allem auch schon unter rot-grün, nicht nur das Personal bei der Polizei verstärkt, sondern auch in die Ausstattung der Polizei - gerade auch zum Schutz der Beamtinnen und Beamten - erheblich investiert worden sei.

Einig waren sich Gäste, Gastgeberin Doris Schröder-Köpf und der Innenminister, dass Prävention und Aussteiger-Programme für jede Form von Extremismus sehr sinnvoll seien und ausgebaut werden sollten.

Auch die Gefahren durch die enorme und dynamische Entwicklung im digitalen Raum waren ein Diskussionspunkte hinsichtlich der Ausgestaltung des zukünftigen niedersächsischen Polizeigesetzes. Die Polizei müsse auch weiterhin Bürgerpolizei bleiben, jedoch in den Stand gesetzt werden, gemäß der aktuellen Bedrohungen zu handeln - vor allem i, Cyber-Raum,, so der Minister. Das niedersächsische Polizeigesetz in seiner jetzigen Form stammt dem Jahr 2007, dem Jahr, in dem das erste Smartphone auf den Markt kam, erinnerte Pistorius. Die Polizei müsse durch die Novellierung mit zeitgemäßen Kompetenzen ausgestattet werden, um ihre Ermittlungsarbeit sachgerecht und gleichzeitig mit klaren rechtsstaatlichen Regeln erfüllen und die Bürgerinnen und Bürger schützen zu können. Denn, so der Innenminister, so viele wunderbare Möglichkeiten der digitale Raum auch zu bieten habe – er berge eben auch erhebliche Gefahren.

Abschließend wurden Befürchtungen von Genossinnen und Genossen artikuliert, die SPD könnte im Zuge der Beratungen innerhalb der Großen Koalition mit ihren identitätsstiftenden Werten in Konflikt kommen. Der Innenminister stellte jedoch klar, dass die SPD ihre Grundwerte von Freiheit und Gleichheit vehement vertreten werde. Es stehe außer Frage, dass eine verfassungswidrige Polizeirechtsnovelle mit der SPD nicht zu machen sei. Daher sei es auch so wichtig, sich für die Beratungen ausreichend Zeit zu nehmen. Ein anwesender Gast brachte diesbezüglich einen Kritikpunkt an. Man sei davon ausgegangen, dass die Novellierung bereits Ende letzten Jahres hätte beschlossen werden sollen. Doris Schröder-Köpf als Mitglied des Innenausschusses zeigte auf, dass es im Gegensatz zum Koalitionspartner nie im Interesse der SPD gewesen sei, die Beratungen unangemessen zu beschleunigen, man wolle und müsse alle wichtigen Aspekte abwägen, um zum bestmöglichen Ergebnis zu kommen. Schröder-Köpf dazu: „Hier gilt Gründlichkeit vor Schnelligkeit!“